Wieviel Essen tut mir gut?
Kennst du das? Du schöpfst für den “Gluscht” noch einen Teller , obwohl du längst satt bist? Und dann gibt's obendrauf noch ein Stück Schokolade, vielleicht noch etwas Kuchen. Vor dem Fernsehen kommen noch paar Nüsse und Chips dazu. Ganz ehrlich, das passiert allen mal. Wenn es eine Ausnahme über die Feiertage bleibt, kein Problem. Ansonsten müssen wir genauer hinschauen. Denn deine Verdauung wird bei solche einem Essverhalten langfristig arg taxiert und andererseits, gibt dies ein Hinweis darauf, das auf emotional-psychologischer Ebene ein Manko gibt, dass wir ins Bewusstsein rücken müssen? Bloss warum, überladen wir unsere Teller und überessen ständig?
Warum überessen wir eigentlich ?
Das regelmässige Überessen hat aus meiner Beobachtung einen tieferen Ursprung. Neben dem, dass wir in einer Überflussgesellschaft leben, wo eine Werteverschiebung Richtung mehr ist mehr gelebt wird, sehe ich einen grossen Zusammenhang mit dem sogenannten «emotionalen Essen»:
Hier überdeckt das Essverhalten, tiefere Gefühle und Bedürfnisse, die unterdrückt werden. Gerade der Griff nach Süssem kann oft auch ein Trostpflaster sein, um ein Manko auf emotionaler Ebene auszugleichen. Das muss nicht gleich pathologisch sein. Jedoch solltest du eine bestimmte Gewohnheit beobachten, beispielsweise einen ganz bestimmten Kecks täglich als Belohnung essen zu müssen, weil du wieder einen Tag überstanden hast. Und möglicherweise eine hysterische Krise bekommst, wenn genau dieser Kecks beim Bäcker ausverkauft ist, dann würde ich die Dinge genauer anschauen wollen.
Die Gründe für’s Überessen sind sicherlich vielfältiger und tiefschichtiger, als dass ich sie in diesem kurzen Artikel erörtern kann. Jedoch, beobachte ich an mir selbst , wenn es auf irgendeiner Ebene etwas fehlt, suche ich nach einem Trostpflaster über Süssigkeiten. Man weiss im ersten Moment oft nicht genau, was es ist, was fehlt, das man sich beispielsweise über Schokolade zurückgeben will. Ist es mehr Selbstvertrauen, Selbstliebe, fehlende Anerkennung von aussen oder ein aus seinem Zentrum fallen? Wenn du solche Verhaltensmuster bemerkst, lohnt es ich mit regelmässigem Journaling, deinen Emotionen auf den Grund zu gehen und die Wurzel, für dein Verhalten zu finden. Mir hilft neben dem Journaling, auch meine Meditationspraxis. Wenn wir die Dinge ins Bewusstsein bringen, finden wir den Schlüssel, um etwas nachhaltig zu ändern und alte Muster auf einer viel bedeutungsvolleren Ebene aufzulösen. Auch dies ist für mich yogische Arbeit am Selbst, die wir Svadhyaya-Praxis nennen.
Das Wonder Women-Phänomen
Wenn ich in die Bad-Food-Habits-Falle tappe hat das auch ganz oft mit dem «Wonder Women»-Phänomen zu tun, wie es Dana James in ihrem Buch «The Archetype Diet» sehr treffend erklärt: Tagsüber rockst du als Superwomen, Mitarbeiterin, beste Freundin, Ehefrau, Mutter und Tochter, erledigst den Haushalt, kochst und machst auch noch Extra-Aufgaben für den Verein, deine Kids, die kranke Grosstante… all deine Energie ging tagsüber nach Aussen für Andere. Am Abend willst du dir was zurückgeben, logisch, dann braucht es dieses Stück Schokolade, das Glas Rotwein, deine Lieblings-Keckse oder halt dein ganz spezifisches Ding (ja du weisst ganz genau, was es ist ), dass dir was gibst. Das Problem liegt aber viel tiefer. Wo gehen wir über unsere Grenzen, wo geben wir uns selbst nicht zurück, wo müssen wir unsere Grenzen klar und respektvoll unseren Liebsten mitteilen. Vielleicht ist es nicht deine Aufgabe deine kranke Grosstante zu pflegen. Vielleicht anstatt immer Wonder Women und «perfekt» zu spielen, wäre es kraftvoller und heroischer zu sagen: «Ich brauche bei xyz jetzt Hilfe bitte.». Sich erlauben, die Dinge vermehrt delegieren zu dürfen, sprich ans Universum abzugeben und dabei Danke sagen, dass das für dich erledigt wird. Hier und jetzt.
Eine Pitta-Kapha/Kapha-Pitta Problematik?
Aus ayurvedischer Perspektive ist das Wonder Women-Phänomen eine Herausforderung von Pitta- und Kapha-dominanten Konstitutionstypen. Pitta-dominante Menschen mögen es, hohe Ziele zu stecken, wollen alles im Griff haben, und natürlich zur Perfektion erledigt haben. Davon kann ich ein Lied singen. Menschen, die dazu Kapha in ihre Konstitution mitbringen, haben von Natur aus sehr viel Kraft und Energie. Sie können schlecht nein sagen. Gepaart mit Pitta kann dies schnell in die Burnout-Falle führen. Der Vata-Typ hingegen neigt eher dazu, das Essen komplett zu vergessen oder gar nicht mehr zu essen, wenn es ihm oder ihr emotional nicht gut geht. Aber auch dieser Typ ist von der Knabber-Kecks-Falle nicht verschont. Wenn du dich wieder einmal dabei erwischst, dass du zu viel isst, obwohl du keinen Hunger und Apetit hast, tu folgendes:
Schreibe auf, was dich genervt hat oder was dir zurzeit fehlt, und gehe es aktiv an, anstatt selbstdestruktiv essen in dich reinzustopfen.
Anstatt nachzuschöpfen, stelle deine Lieblingsplaylist an und tanze drei Minuten zu deinem Lieblingslied oder singe einfach laut mit, am besten beides
Mach dir einen Tee mit süss-scharfen Gewürzen, wie beispielsweise Zimt, Kardamom, Ingwer und gib ein wenig Honig oder Ahornsirup dazu
Verschliesse mit dem rechten Daumen dein rechtes Nasenloch, atme zehn Atemzüge lang nur durch die linke Seite ein und aus.
Doch wieviel Essen tut mir gut ?
Nun was bedeutet es den, aus ayurvedischer Perspektive, eine verhältnismässige Menge an Nahrung pro Mahlzeit zu sich zu nehmen?
Im Ayurveda messen wir die ideale Essensmenge mit der Masseinheit «Anjali». Ein Anjali ist die Menge an Getreide und Nahrung, die in eine Handinnenfläche passt. Zwei grosszügige Anjalis reichen aus, um deinen Magen zu füllen. Genau deshalb haben manche Menschen grössere Hände und ergo grössere Mägen und andere eben kleinere. Teste es gleich, nimm die Hände vor dich, forme zwei Schalen. Na?
Eine weitere Regel, die sehr einleuchtet, ist dass wir beim Essen ein Drittel des Magens mit fester Nahrung füllen, ein Drittel mit flüssiger Nahrung und ein Drittel leer lassen. So hat der Magen genug Luft und Platz, um den Nahrungsbrei zu bewegen und zu verarbeiten. Probiere es unbedingt mal aus. Idealerweise fühlen wir uns nach dem Essen leicht und gesättigt. Nicht schwer und lethargisch.
Tut uns gut – 100 Schritte nach dem Essen gehen
Zum Schluss noch dies. Besonders wohltuend ist es, wenn wir nach dem Essen 100 Schritte an der frischen Luft gehen. Und uns erst danach kurz hinlegen, idealerweise auf die linke Körperseite, also in Richtung des Magens und des Verdauungsprozesses. Dabei bitte nicht einschlafen, und maximal 20 Minuten eine Siesta oder noch besser ein Yoga Nidra geniessen. Sobald man in den Tiefschlaf fällt und zu lange schläft, stellt Agni das Verdauungsfeuer auf Sparflamme, der Nahrungsbrei bleibt dann sozusagen im Verdauungstrakt hängen und gärt schön vor sich hin.
Ich hoffe, dieser Artikel war hilfreich, ich freue mich immer über den Ausstausch und deine Gedanken zu diesem Thema.