The Body as a House – Oder warum ich Katonah Yoga unterrichte
In meinen Klassen erwähne ich immer wieder mal Katonah Yoga. Aber was ist Katonah Yoga eigentlich? Warum bin ich von dieser Praxis so begeistert? Und wer und was steckt dahinter?
Eine Hatha-Yoga-Praxis, die im Daoismus fusst
Katonah Yoga ist eine Hatha-Yoga-Praxis wie jede andere auch. Im Unterschied zum traditionellen Yoga, der in den Veden fusst, bezieht sich Katonah Yoga in seiner Philosophie explizit auf den Daoismus und auf die chinesische Medizin. Auch Heilige Geometrie, Numerologie sowie ein esoterischer Dialog mittels Metaphern, spielen eine wichtige Rolle. Sie haben im Unterricht eine spielerische und vermittelnde Funktion.
Eine der wichtigsten Metaphern ist: «The Body as a House», der Körper als ein Haus oder das «Magic Square», das magische Quadrat (siehe Bild unten). Das Haus ist in neun Räume eingeteilt. Jedem Raum ist ein bestimmtes Zimmer, eine archetypische Nummer und eine Funktion inne. Das Herzstück des Hauses ist das «Wohnzimmer mit brennendem Cheminée», ein Sinnbild für den Sitz des Ich-Machers, des Mediators zwischen lunaren (Parasympathikus) und solaren (Sympathikus) Energien, hier halten wir das Steuer für unser Leben in der Hand. Ebenso Sinnbild Sitz ist der Raum für das innere Feuer, der Verdauungskraft (Agni) und der Thymusdrüse (Immunsystem). «Das Magic Square» kann zweidimensional oder dreidimensional gedacht werden und ist als eine Art Schablone oder Template zu verstehen, mit dem es sich ganz pragmatisch und therapeutisch arbeiten lässt. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Eine der spannendsten Aspekte liegt für mich persönlich in der Schattenarbeit: Wo bin ich stabil/instabil, wo fähig/unfähig, wo verfügbar/wo unzugänglich? Dies ist für mich auch ein Grund, warum mich Katonah Yoga seit fast drei Jahren inspiriert und teilweise in meinen Klassen integriere. Für mich geht es nicht um die reine äussere Form oder Schönheit der Körperstellungen, sondern um den Erkenntnisgewinn, die Einsichten, die ich haben kann, um ein erfülltes Leben zu leben. Den letztendlich führt die physische Praxis zur Meditation, in der Meditation erhalten wir Einsichten. Dafür muss man seine blinden Flecken erkennen und anerkennen. In der physischen Praxis geht es darum, alte Körpermuster mit einem pragmatischen Ansatz zu transzendieren. Yoga verwandelt seine Schatten in Gold. Hier liegt die Magie der Praxis.
Nevine Michaan:
Die Begründerin von Katonah Yoga
Nevine Michaan ist die Begründerin von Katonah Yoga. Sie wurde 1954 in Ägypten geboren und kam mit drei Jahren nach New York. Als sie in ihren Zwanzigern am Vassar College Geschichte und vergleichende Religion studiert, entdeckt sie die Meditation. Nevine versteht Yoga als eine Praxis, die uns die Möglichkeit gibt, intelligent und freudig am Leben teilzunehmen. Während der Studienzeit praktizierte sie Yoga, lernte vor allem mit und von Allan Bateman. 1980 begann sie selbst zu unterrichten und 1986 eröffnete sie ihr eigenes Studio, in der nördlich von New York gelegenen Stadt Katonah, wo sie heute immer noch lebt und unterrichtet. Von da kommt auch der Name des Yogastils.
Loads of Props: Ein therapeutischer Ansatz
Entlehnt von B.K.S. Iyengars Ansatz arbeiten wir im Katonah Yoga stark therapeutisch und nutzen dazu einiges Material und Yogastühle. Blöcke sind für uns wie Knochen und geben zusätzlich Struktur und Stabilität in der Pose. Die Yogagurte sind mit Bändern vergleichbar. Sie können uns einerseits sicher in einer Pose halten – quasi wie ein Sicherheitsgurt oder erlauben uns länger in einem Asana zu verweilen, indem sie uns in der Pose begrenzen. Yogadecken indessen erhöhen unseren Sitz, fast so als würden wir auf einem Thron sitzen. So erreichen wir nicht nur den optimalen Winkel im Becken, so sitzen wir tatsächlich auf unseren Sitzhöckern, anstelle unseres Steissbeins, die Wirbelsäule richtet sich auf. Energetisch verbinden wir uns mit der Erde, fast so als würden wir einen Stecker in eine imaginäre Erdbuchse stecken. Durch den höheren Sitz gibt es Raum im Oberkörper, ein neues Gefühl für einen neuen, frischen Blick. So kreieren wir mit Leichtigkeit Vision für unser Leben. Die Sandsäcke und Bolster schenken uns in der Praxis zusätzliche «Muskeln» und Gewicht, um auf sicherer Weise tiefer in ein Asana zu sinken, und um nachhaltig Veränderung in unbewussten Körpermuster zu erzielen.
Hands-on Adjustments stehen weiter stark im Vordergrund der Katonah Yoga-Praxis. Dabei nutzen wir nicht nur die Hände, sondern auch die Füsse mittels spezifischer Techniken. Katonah Yoga ist eine gemeinschaftliche Praxis. Die Schüler geben nach Anleitung der Lehrerin gegenseitig Adjustments. Das ist für nicht initiierte Schüler erstmals ungewohnt und neu. Die Klasse eröffnet dadurch einen Dialog miteinander, was ich persönlich immer wieder berührend finde. Denn in dieser Praxis stärken wir uns gegenseitig.
Heilige Geometrie, Numerologie und The Magic Square
Jede Yogapose besteht aus Geometrie. Nehmen wir den herabschauenden Hund. Von der Seite her betrachtet, sehen wir ein gleichschenkliges Dreieck. Diese Struktur verleiht Stabilität, Kraft und Integrität, ohne dass wir dabei Kraft aufwenden müssten. Die Leichtigkeit in der Form zu finden, braucht natürlich Übung und Repetition. In seiner dynamischen Form ist Katonah Yoga auch als ein Falten und Auffalten in die verschiedenen Asanas zu verstehen: «…Yoga becomes origami for the body. As we fold and unfold, we develop dimension rather than engaging in the binary struggle between tight and loose. In this way we set up conditions for greater self-knowledge and a more expansive vision, which leads to personal change», sagt Abbie Galvin, Inhaberin vom Yogastudio The Studio und beste Freundin von Nevine Michaan.
Zentral ist der Gedanke, dass die Praxis unseren Körper zu einem perfekten Behältnis macht, für all unsere Organe und seine Funktionen, damit einher geht die Möglichkeit über das Körperliche hinaus auch geistig mehrdimensional zu werden. In der Praxis suchen wir dabei stets unser eigenes Mass anzuwenden «fit yourself, before you fit anyone else», schreibt Kat Villain in ihrem Buch Yoga as Origami.
Dreidimensionalität und Trinitäten, denn